Freiräume in der Langeweile

Thurgauer Zeitung vom 12.06.2017

Bericht: Markus Bösch

Jan Rutishauser war auf Einladung des Bistro- Komitees mit seinem neuen Programm in der Hafenstadt zu Gast.

Er ist voll da, mit seiner Musik, seinen schnellen Ansagen und schwierigen Fragen. Er erzählt aus seinem Leben: Von defekten Liebesliedern, seiner Mühe mit dem Tagesanfang und dem Trägheitsgesetz im Allgemeinen, das seinen Alltag beherrscht. Doch dies nimmt man Jan Rutishauser nicht ab, der über die Aulabühne wirbelt. Schon gar nicht, wenn er Schreibblockaden erwähnt, um gleich mit tierischen Vierzeilern die Besucher zum Lachen zu bringen: In Güttingen geboren, hat der 29-Jährige die Kantonsschule Romanshorn besucht – vielleicht darum liess er sich mit seinem zweiten Programm «Gepflegte Langeweile» zur Vorpremiere am letzten Samstag in die Hafenstadt verpflichten.

Worte werden lebendig

Mit seinen Fragen «Wer bin ich und was will ich?» geht er allein auf der Bühne und zusammen mit den Gästen auf eine Reise durch Tage, die viele so oder ähnlich auch kennen: Beim Friseur sucht er die Stille, die es da nicht geben kann, seine Aufschieberitis wird umformuliert zur Zeitdrucktoleranz, und er kommt zum Schluss, dass das Leben grundsätzlich eine Überraschung ist. Vielleicht dann, wenn der Hexenschuss ihn zum Arzt treibt, den er erst überzeugen muss, ihm das Richtige zu raten. Wenn Rutishauser in seine Kindheit zurückschaut und verrät, dass Bücher ebendieses Leben schlicht verändern – beim Geschichtenerzählen durch seine Mutter oder eben jetzt, wenn er selber redet wie ein Buch. Und das macht er auch bei der Vorpremiere mit Witz, Wortspielen und -kreationen, die es in sich haben: Literatur wird zur Lite-Radtour, der Wechsel zum Dudentum ist sein Thema, und er präsentiert sich mit einem «Satz im Silbensee». Letztlich gewinnt Rutishauser, der Absolvent der Dimitrischule ist und eine Ausbildung als Mime und Clown hat, vom Anfang bis zum Ende der anderthalb Stunden alle Sympathien des Publikums, das ihn nur mit einigen Zugaben ziehen lässt.